Geschichte

Denkmal für gutes Wohnen

Riehmers Hofgarten war von Beginn an ein Meisterstück, dessen Existenz der Beharrlichkeit und der visionären Kraft seines Baumeisters Wilhelm Riehmer zu verdanken ist. Denn betrachtet man die damalige gesellschaftliche Situation und die sich daraus auch für die Bautätigkeit ergebenden Auflagen, war es mitnichten selbstverständlich, dass ein solcher Hofgarten mit Privatstraße überhaupt entstehen konnte.

Berlin erlebte seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Boom, die Einwohnerzahl stieg rasant, jährlich kamen 71.000 neue Einwohner hinzu. Wohin mit all diesen Menschen? Wie ihnen Wohnraum geben? Für Investoren lohnte sich der Bau sogenannter Mietskasernen, in denen auf engstem Raum eine große Zahl an Menschen untergebracht werden konnte. Charakteristisch waren mehrere hintereinanderliegende Hinterhäuser und Höfe ohne Grün, die laut Bauordnung eine Mindestgröße von gerade einmal 5,34 x 5,34 Metern haben mussten.

Baumeister Wilhelm Riehmer, 1830 in Berlin geboren, wollte diesem Bautrend nicht folgen. Für sein 1860 erworbenes Grundstück zwischen Hagelberger-, Großbeeren- und Yorckstraße schwebte ihm etwas gänzlich anderes vor: keine dunklen Hinterhäuser oder winzigen Lichthöfe, stattdessen ein Ensemble mit Blockrandbebauung, das nach hinten viel Licht, Grün und eine Privatstraße zu bieten hatte.

Diese Vision wollte er gegen alle behördlichen Widerstände umsetzen. So schrieb er in der Klageschrift an das Bezirksverwaltungsgericht bezüglich der Errichtung einer Privatstraße 1881: „Ein großer gärtnerisch ausgeschmückter Hof, wie ich ihn anzulegen beabsichtige, entspricht dem Charakter der Gegend, während große Mietskasernen oder gar Fabrikanlagen, deren Erbauung hingegen nicht untersagt wird, der Gegend zur Unzierde gereichen. (...) Da mir die Bauerlaubnis zu Unrecht untersagt worden ist, beschreite ich den Weg der Klage, mir den Baukonsens nach den vorliegenden Zeichnungen zu erteilen.“

Zwischen Bauherrn und Behörden war eine heftige Auseinandersetzung entbrannt, die über zwei Jahre andauerte. Erst 1883 bekam er vom Bezirksverwaltungsgericht das Recht zugesprochen, seine Gebäude in der Hagelberger Straße wie geplant zu errichten.
Noch viele Jahre ging der streitbare Baumeister immer wieder vor Gericht, seine  Auseinandersetzungen mit den preußischen Beamten der Straßenbaupolizeiverwaltung sind vielfach in den Amtsblättern dokumentiert. Mit viel argumentativem Geschick und der Berufung auf seine Grundrechte erstritt er sich auch für die Gebäude in der Großbeerenstraße und der Yorckstraße die Baugenehmigung und damit auch für die Errichtung einer Privatstraße durch die entstandenen Hofgärten. Am Ziel angelangt, war es ihm gelungen, eine ganze Häusergruppe mit 13 Höfen zu schaffen, in der die Menschen gerne und glücklich lebten und leben und die beweist, dass Qualität, Grün und Rückzug auch heute noch bleibende Werte sind.